FLOW- Ergebnisse vom Sennebach

Beatis Beatis  (E. Gutting-Vos)

Seit nunmehr vier Jahren analysiert ein Team der BUND Kreisgruppe Hildesheim kleinere Bäche im Landkreis. In diesem Jahr fuhren wir – wieder mit Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde – an den kleinen Sennebach im Süden von Holle.

Nach einem standardisierten Verfahren nach Vorgabe des Projekts FLOW (einer Citizen Science Initiative der Uni Leipzig mit Unterstützung des UFZ) werden drei Bereiche untersucht:

  • Die Gewässerstruktur, also die Habitat-Strukturen im und am Gewässer, z.B. Gewässerrandstreifen, Beschaffenheit der Gewässersohle usw.
  • Die chemische und physikalische Wasserqualität z.B. gelöste Salze, Sauerstoffgehalt usw.
  • Das Makrozoobenthos, also die im Gewässergrund lebenden Tiere wie Insektenlarven, Muscheln, Schnecken usw.

Das Ergebnis wird nach systemischer umfassender Dateneingabe von einer speziellen Anwendung ausgewertet und zur Verfügung gestellt.

Auch wenn dieser kleine Sennebach auf den ersten Blick mit klarem Wasser und einigen durchaus guten Messwerten punkten konnte, war das Ergebnis in Bezug auf die ökologische Qualität doch nur „unbefriedigend“, weil von den empfindlicheren Arten nur wenige Individuen gezählt und bestimmt werden konnten. Dies traf leider auch auf die Gewässerstruktur zu, die als „deutlich verändert“ durch menschliche Eingriffe gegenüber einem natürlich fließendem Bach bewertet werden musste. Und auch eine Belastung mit dem Pflanzennährstoff Phosphat wurde gemessen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Zustand des Sennebachs in Zukunft insgesamt verbessert werden sollte, damit er seiner großen Bedeutung als Lebensraum u. a. für geschützte Fischarten wie die Grippe gerecht wird.

Unser Team hatte dennoch Spaß bei der Beprobung, denn das Wetter war ideal, wir konnten unsere Ausrüstung im Schatten aufbauen und waren auch vor Wind geschützt. Einige der Teilnehmer sind begeistert seit 4 Jahren regelmäßig dabei und sind somit erfahren im Ablauf und im Ausfüllen der Unterlagen, andere hatten zum ersten Mal mitgemacht.

Die größte Herausforderung besteht für Laien in der richtigen Bestimmung der Tiere, aber durch gutes Bestimmungsmaterial und gegenseitige Unterstützung ist es möglich, auch in diesem Punkt eine hohe Arbeitsqualität zu erreichen.

Auch im nächsten Jahr soll es wieder eine Beprobung geben.

Interessierte können sich gerne per Email an info(at)bund-hildesheim.de wenden.


BUND Untersuchung zeigt geringe Artenvielfalt in Hildesheimer Bächen. Sind Pestizide die Ursache?

Pressemitteilung

Makrozoobenthosentnahme Makrozoobenthosentnahme  (M. Köhler)

Seit nunmehr drei Jahren untersucht unsere Kreisgruppe, unterstützt von den Sportfischern Sarstedt, dem Anglerverband Niedersachsen und Studierenden der Uni Hildesheim, Bäche im Landkreis Hildesheim.

Sie beteiligt sich dabei am bundesweiten FLOW-Projekt, das der BUND Bundesverband zusammen mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig gestartet hat. „Es handelt sich um ein Citizen Science Projekt, also eine wissenschaftliche Untersuchung unter Mitwirkung interessierter und vorab geschulter Bürger*innen“ erklärt Stefan Walingen, der die Beprobungen im Landkreis Hildesheim zusammen mit Eva Gutting-Vos koordiniert.

Nach dem Auebach bei Mölme und dem Alpebach bei Algermissen wurde in diesem Jahr die Trillke am Steinberg bei Hildesheim untersucht. Dabei wird nicht nur die Wasserqualität anhand chemisch-physikalischer Parameter, sondern auch die Gewässerstruktur und das Vorkommen von am Gewässergrund lebenden Kleintieren (Makrozoobenthos) wie Insektenlarven, Käfer, Wanzen, Schnecken, Würmer und Krebstiere erfasst.

Gesunde Bäche beherbergen eine erstaunliche Artenvielfalt von tausenden Individuen aus mehr als einhundert Arten auf wenigen Metern Bachlauf. Entsprechend aufwändig ist die „Inventur“ des Artenspektrums.

Nach der standardisierten Probenahme von der 100 Meter langen Untersuchungstrecke werden die Tierchen zunächst in 14 Artengruppen vorsortiert und dann möglichst genau bestimmt, wobei ein Mikroskop sehr hilfreich ist. „Damit, dass wir in den beiden untersuchten Bördebächen kein artenreiches Leben vorfinden würden, mussten wir rechnen,“ sagt Eva Gutting-Vos, „denn bei diesen begradigten und tief eingeschnittenen Gewässern ist bereits die Struktur problematisch.“

Um so größere Erwartungen des BUND Untersuchungsteams richteten sich auf das diesjährige Untersuchungsziel, einen renaturierten Abschnitt der Trillke. Tatsächlich sprudelt dort klares Wasser über Steine und Wurzeln, der Sauerstoffgehalt erwies sich als hoch und die Belastung mit Nährstoffen als relativ niedrig.

Es fanden sich auch hunderte kleiner bachbewohnender Tiere wie z.B. Flohkrebse, nur die für den „SPEAR Index“ entscheidenden Arten waren nicht dabei. Dieser biologische Indikator zeigt die Effekte von Pestiziden auf die Lebensgemeinschaft des Makrozoobenthos an. „Libellen- oder Steinfliegenlarven bestimmter Arten sind besonders empfindlich gegenüber diesen Belastungen. Hätten wir diese Arten gefunden, hätte der Index keinen unbefriedigenden Zustand angezeigt.“ erläutert Walingen.

Das enttäuschende Ergebnis lässt sich möglicherweise durch Einträge aus der Landwirtschaft erklären, denn die Trillke fließt vor dem untersuchten Abschnitt durch die Feldmark. Eine neue Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes erhärtet diesen Verdacht. Sie zeigt, dass die Pestizidbelastung von Kleingewässern dort besonders hoch ist, wo viele Pestizide auf den umliegenden Äckern eingesetzt werden.

In 80 Prozent der untersuchten Bäche in der Agrarlandschaft Deutschlands überschritten die gemessenen Pestizide die für Tiere und Pflanzen festgelegten Grenzwerte. Zudem stellten die Forscher*innen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig fest, dass Pestizidrückstände weit stärkere Auswirkungen auf die Tiere und Pflanzen im Gewässer haben als bislang angenommen. Die Lebensgemeinschaft der Insekten war in vier von fünf der von ihnen untersuchten Bäche nur in einem mäßigen bis schlechten Zustand. So wie auch in der Trillke. Pestizide wirken offenbar nicht nur auf der Anwendungsfläche, sondern können durch Regen in kleine Gewässer und Gräben in der Agrarlandschaft geschwemmt werden.

Abhilfe könnten Gewässerrandstreifen schaffen. Solche Randstreifen, auf denen nicht gespritzt und gedüngt werden darf, müssen im Rahmen des „Niedersächsischen Wegs“ seit Anfang Juli dieses Jahres auch an kleineren Gewässern eingehalten werden. Einen noch besseren Schutz der Gewässer böten allerdings bewachsene Randstreifen, auf denen gar nicht mehr geackert wird.

Die BUND Kreisgruppe Hildesheim wird die FLOW-Untersuchungen fortsetzen und hoffentlich auch in der Agrarlandschaft auf Gewässer voller Leben treffen. „Dazu müssen wir den Bächen vor allem mehr Raum geben und ein naturnahes Gewässerumfeld wieder herstellen. Das hilft nicht nur bei der Erhaltung der im und am Bach lebenden Tier- und Pflanzenarten, sondern dient auch dem Hochwasserschutz. Die Umsetzung gelingt nur im Einvernehmen zwischen Landbesitzern, Kommunen und Naturschützern“ ist sich Walingen sicher. wenn es noch eine Chance geben soll, die Folgen des Klimawandels erträglich zu machen.

Zusammenfassung der Ergebnisse der Trillke Beprobung durch FLOW Erläuterung: Die Farben der Bewertungssonne stellen die Abweichungen von dem natürlichen Idealzustand des Baches dar. Sie bedeuten: blau = unverändert, grün = gering verändert, gelb = mäßig verändert, orange = stark verändert, rot = vollständig verändert.



BUND Hildesheim untersucht Gewässer im Rahmen des FLOW-Projektes

Bei der Arbeit Bei der Arbeit  (M. Köhler)

Seit 2021 beteiligen wir uns an dem Projekt FLOW, welches vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ) und dem BUND-Bundesverband durchgeführt wird. Das Projekt ist seit diesem Jahr auf ganz Deutschland ausgeweitet worden. Gegenstand der Untersuchungen ist der ökologische Zustand kleiner Bäche im Hinblick auf die Ziele der EU-weit geltenden Wasserrahmenrichtlinie.

Bislang werden/wurden in Deutschland diesbezüglich lediglich große Gewässer untersucht. Ziel des Projektes ist, mit Hilfe interessierter bürgerlicher Gruppen die Zustände kleiner Gewässer zu erfassen. Es handelt sich also um ein sogenanntes Citizen Science Projekt.

Nachdem wir im Juni 2021 mit Unterstützung der Projektleitung und des Umweltmobils den Auebach bei Mölme an der Grenze zum Landkreis Peine beprobt haben, wurde in diesem Jahr der Alpebach bei Algermissen untersucht. Mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises und mit Unterstützung des Anglerverbands Sarstedt haben wir im April sowie im Juni die geforderten Erhebungen durchgeführt. Neben der Erfassung der Gewässerstrukturgüte, also der Feststellung, wie naturnah bzw. stark verändert der Bachlauf, die Sohle und der Uferbereich des Gewässers ausgestaltet sind, wird die Wasserqualität auf verschiedene chemische und physikalische Parameter untersucht. Den größten Umfang nimmt dann die Untersuchung des Makrozoobenthos in dem beprobten Abschnitt in Anspruch. Hierunter fallen die Tierarten, welche mit bloßem Auge erkennbar am Gewässergrund leben. Die Vorkommen bestimmter Arten wie z.B. Larven von Eintagsfliegen oder von Libellenarten und ihre Anzahl lassen Rückschlüsse auf die Pestizid- bzw. Nährstoffbelastung des Baches zu. 

Die detaillierten Ergebnisse für den Alpebach werden zur Zeit noch ausgewertet. Allerdings kann bereits festgestellt werden, dass die Gewässerstruktur sehr stark verändert ist. Das V förmige Profil des begradigten Alpebachs entspricht sicher nicht dem „Idealbild“ eines typischen Bördebachs. Die chemische Wasserqualität, die Werte für den Nährstoffeintrag und der anhand der Makrozoobenthos Beprobung ermittelte Index für die Pestizidbelastung zeigen einen mäßig guten Zustand. Hier war zwischen April und Juni eine erhebliche Verbesserung feststellbar. Die Arten und auch Individuenzahl der Bachfauna war im Frühsommer viel größer. Ob dies ein rein jahreszeitlich bedingter Effekt war, oder ob Veränderungen der Gewässerbelastung zu diesem Ergebnis führten, muss noch genauer untersucht werden.

Die Daten derartiger Untersuchungen werden vom FLOW-Projekt gesammelt. Sie sollen Grundlage für Vorschläge kurz- bis mittelfristiger Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands der untersuchten Gewässer sein. Hier können wir unsere Sicht bzw. unsere Maßnahmenvorschläge einbringen. Im Herbst wird dann eine (digitale) Konferenz der Teilnehmer*innen zu den Erfahrungen und zu den Ergebnissen der diesjährigen Saison stattfinden. Wir planen, die Gewässeruntersuchungen im nächsten Jahr fortzusetzen.


Citizen Science-Projekt „FLOW“ Gewässerbewertung am Auebach am Sonntag den 20.06.2021

Daten für die Wissenschaft gesammelt!

Auf der Suche nach wirbellosen tierischen Organismen Auf der Suche nach wirbellosen tierischen Organismen  (E. Gutting-Vos)

FLOW ist ein Projekt zum ökologischen Monitoring von kleinen Fließgewässern.

Ziel war es, am Beispiel des Auebachs in der Nähe von Mölme (Gemeinde Söhlde im Landkreis Hildesheim) gemeinsam mit interessierten Laien den ökologischen Zustand eines Gewässers zu untersuchen. Es ging um die Gewässerstrukturgüte, die Nährstoff- und Pestizidbelastung und das Vorkommen bestimmter empfindlicher Arten wie Köcherfliegenlarven, Schlammfliegenlarven usw.

Wie das zu messen und zu bewerten ist wurde an diesem Tag gezeigt und erprobt. Dazu kam das FLOW-Projektteam mit einem speziell eingerichteten Fahrzeug und der erforderlichen Ausrüstung an den Auebach.

Das Ergebnis für diesen Bördebach war leider nicht positiv. Das Gewässer hat sich tief in den Auelehm eingeschnitten, es wurden hohe Belastungen mit Stickstoff und Phosphor gemessen und das Spektrum an Kleinlebewesen war deutlich verarmt. Libellen- und Eintagsfliegenlarven gingen nicht in den Kescher, allerdings zahlreiche Flohkrebse und überraschend viele Schlammfliegenlarven. Die vielen kleinen Krabbeltiere aus dem Material vom Gewässergrund, das ebenfalls in den Kescher geraten war, herauszusuchen, sie zu gruppieren und mehr oder weniger genau zu bestimmen, erwies sich als echte Herausforderung und spannende Entdeckungsreise. Mit Unterstützung durch das Flow-Team und mit den hervorragend aufbereiteten Bestimmungshilfen konnte schließlich ein immerhin mäßiger Zustand der „Biologie“ - trotz unbefriedigendem chemischen Zustand - festgestellt werden.

FLOW ist ein Projekt des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ, Leipzig) und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Sollte sich das Projekt anhand weiterer Erprobungsteams mit geschulten Laien als erfolgreich erweisen, wird es mittelfristig weiter ausgerollt. So könnten wesentlich mehr kleinere Fließgewässer nach standardisierten wissenschaftlichen Methoden untersucht, in Bezug auf ihren ökologischen Zustand eingeschätzt und hoffentlich auch verbessert werden.